Liebe adh-Freunde!
Norwegenfans, die zusätzlich mit dem Lachsangelvirus infiziert sind, lieben den Monat Juni. Denn nahezu alle klassischen Lachsflüsse starten am 1. Juni und die gesamte Nation steht drei Monate unter dem Einfluss des Salmo Salar. Die Tageszeitungen berichten über Fänge, an den Straßen längs der Orkla, Gaula oder Driva sieht man Fliegenfischer in Wathosen umher laufen, sie streben alle zum Wasser. Lachs ist nicht nur ein Thema, es ist das Thema in Hotels und auf Campingplätzen; vor allem, wenn sie sich an einem Fluss befinden.
Für geübte und erfahrene Lachsfischer ist der Juni ein besonders interessanter Monat, denn an manchen Flüssen liegt das Schnittgewicht der Fische um die 10 Kilo. Es ist jedoch auch ein bisschen ein „Hopp-oder-Topp“-Spiel, denn diese großen Silberbarren sind keine Massenware. Zudem kann das Wasser noch (zu) kalt sein, um die Fische von dem Reiz einer Fliege zu überzeugen. Die richtigen Großlachsfans aus aller Welt schert das wenig; sie suchen diese Herausforderung, sie lieben sie direkt. Und sie reisen nach Norwegen, um kurz vor Mitternacht am Lagerfeuer zu sitzen und auf den Start (00.01 Uhr) am ersten Juni zu warten.
Dazu einige praktische Tipps: Wer gut gerüstet sein will, und das muss man bei der Auseinandersetzung mit 10-Kilo-Fischen, braucht eine 15’ Rute, reichlich Backing auf der großen Rolle und einen sinkenden Schusskopf. Mindestens einen „sink3/sink5“.
Tubenfliegen mit mindestens 10 cm Gesamtlänge und Vorfachspitzen von 0.45er Stärke bestimmen das Bild. „Fein“ fischt niemand; es sei denn, er will sich als Greenhorn outen.
Auch ich habe meinen bislang größten Lachs im Juni gefangen. Er wog 13.5 kg. Das liest sich ganz nett und überschaubar, aber wenn man ihn vor sich liegen sieht, ist der erste Gedanke: Mein Gott, ein RIESE!
Wer flexibel in der Reiseplanung ist, sollte sich informieren, wie sich dieses Jahr der Lachsaufstieg in Norwegen so entwickelt. Letztes Jahr hatten wir an vielen Flüssen einen guten Juni mit einer ordentlichen Anzahl von Großlachsen, die aufstiegen. Ich erlebte dies an der Gaula, war also bei guten Bedingungen vor Ort. Ich hatte während meiner Woche aber nur einen starken Biss (der Fisch saß nicht richtig).
Wieso fängt der Autor des Buches „Einfach auf Lachs“ keinen solchen, obwohl die Bedingungen gut waren? Diese Frage stelle ich mir mal selber und antworte: Weil Lachsfischen an norwegischen Flüssen im Juni nie ganz sicher ist, es bleibt ein Restrisiko; man muss immer kämpfen, um überhaupt einen Biss zu bekommen. Den hatte ich, aber – tja – wie gesagt: Er kam wieder ab. Selten wird einem der Erfolg geschenkt. Aber genau das hatte ich auch schon einmal vor einigen Jahren: gerade angekommen, eine halbe Stunde gefischt, Biss, 10.5 Kilo!
Wer auf Atlantische Lachse angelt, muss leidensfähig sein. Nix gefangen? Mund abputzen und weitermachen. Wiederkommen. Irgendwann wird man beschenkt für den Einsatz.
Wann? Keine Ahnung.
Da ich von mir sagen darf, dass ich trotzdem ein begeisterter Lachsfischer bin, sind Zweifel an meiner Vernunft angebracht. Nein, vernünftig ist das alles nicht.
Aber irgendwie doch toll!
Herzlichst, Euer
Bernd