Im Gespräch mit Steffen Schulz - Fliegenfischen auf Barsch

Barsch

 

Das Fliegenfischen auf Barsch hat in den letzten Jahren sehr stark an Popularität gewonnen. Nicht zuletzt auch wegen YouTube Formaten wie Perch Pro haben viele Fliegenfischer die Faszination für den farbenfrohen Raubfisch für sich entdeckt, den man in vielen heimischen Gewässern antreffen kann. Wir haben mit Steffen Schulz über diesen tollen Zielfisch für die Fliege gesprochen und den Raubfisch-Enthusiasten nach seinen persönlichen Tipps & Tricks gefragt. Im letzten Teil unserer Interviewreihe geht es dann um den Zander.

 

adh-fishing: Hallo Steffen! Wenn man dir auf Instagram (steffen_schulz_flyfish) folgt, dann ist deine Leidenschaft für Barsche unübersehbar. Was fasziniert dich so sehr an diesem Fisch?

Steffen Schulz: Der Barsch ist nicht nur der schönste Raubfisch bei uns, finde ich, er ist auch am vielseitigsten zu befischen, was Spots und Methoden angeht. Dafür, dass er eher ein kleiner Fisch ist, kämpft er zudem ausgesprochen gut.

adh-fishing: Du hast viele Jahre auch mit der Spinnrute auf Barsch gefischt. Welche Erfahrungen aus dieser Zeit helfen dir heute dabei, den Barsch mit der Fliege zu fangen?

Steffen Schulz: Die Spinnangelzeit will ich auf gar keinen Fall missen. Durch sie habe ich unzählige Gewässer im In- und Ausland kennengelernt und weiß genau, wann und wo die Kapitalen zu fangen sind. Zum Erforschen von Gewässern ist eine Spinnrute klar im Vorteil, logisch, macht man doch deutlich mehr Strecke in kürzester Zeit.

adh-fishing: Worin siehst du die Vorteile der Fliegenfischerei auf Barsch?

Steffen Schulz: Ganz klar in der lautlosen, langsamen Präsentation. Ein extrem kleiner, nahezu transparanter Streamer im Baitfish-Design im Hochsommer oder eben ein 8 bis 12 cm langer Baitfishstreamer im Herbst und Winter: Nichts sieht im Wasser so gut aus, nichts ist so nah am Futterfisch. Gerade im kalten Wasser oder an sehr zähen Tagen ist die Fliege unschlagbar und das von 0 bis locker 10 m Wassertiefe. Überall kommen wir an die Barsche ran. Und wer will schon tiefer fischen?

adh-fishing: Du fischst auch auf Barsch sehr viel vom Bellyboot. Worauf achtest du, wenn du einen Spot suchst?

Steffen Schulz: Ja, die Angelei vom Bellyboot in Kombination mit der Fliegenrute ist unschlagbar. Ich achte immer darauf, dass ich in der Nähe zu tiefem Wasser fische. Plateaus, "Berge", Kanten, Landnasen von 2 bis 6m Tiefe mit hartem Grund, Muscheln in der Nähe zu 20 m Wasser und mehr.

adh-fishing: Welches Equipment hast du an Bord deines Bellys, wenn es einen Tag lang gezielt auf Barsch geht?

Steffen Schulz: Also bei längeren Trips fische ich aktuell vom Sevenbass Flatform Junior, bei kurzen Trips und Tagestouren von einem kleineren Modell. Beide nutze ich als Faulpelz mittlerweile mit einem Floatplus Motor. Ein Side Imaging und Livemapping fähiges Gerät hilft ungemein bei der Suche nach heißen Spots. Die großen Bildschirme saugen Energie ohne Ende, eine 20Ah Lithiumbatterie muss da mindestens her. App-fähige Geräte sind da genial. Ja, das Bellybootangeln hat sich wahnsinnig entwickelt, alles ist hoch technisiert und einfach nur wahnsinnig effizient. Aber wer möchte (und sein Gewässer kennt), der kann es auch deutlich simpler halten. Wichtig ist einfach, dass man über die Strukturen unter Wasser Bescheid weiß.

adh-fishing: Wie sieht denn dein persönliches Setup für die Barschfischerei im Moment aus?

Steffen Schulz: Ich habe meistens zwei 6er Ruten dabei, eine Hardy Zephrus SWS mit einer 5000er MTX und einer Cortland Compact Sink Typ 9 und eine Hardy HBX mit einer 5000er MTX-S und einer Cortland Compact Sink Typ 3. Mehr braucht man nicht in den allermeisten Fällen, egal wo man fischt.

adh-fishing: Auch beim Barschfischen ist das Vorfach ein wichtiger Bestandteil. Wie sieht deine Montage aus?

Steffen Schulz: Genau zu diesem Thema ist gerade ein Artikel in der aktuellen Ausgabe von Fisch & Fliege erschienen (Heft 62 ab Seite 11). Der Titel "Vorfächer: Drei für Räuber." Für Barsch halte ich meine Vorfächer recht kurz. Ungefähr 1m bis 1.5m Stroft FC1 in 0,28 mm mit einer 4,90 kg tragenden Stroft Niti Polywire Spitze. Wenn man Hechtbisse ausschließen kann, dann geht es auch etwas dünner und / oder ohne bissfestes Vorfach. Aber Überraschungen gibt es beim Barschfischen nicht selten.

adh-fishing: Hechtstreamer und Barschfliegen unterscheiden sich zum Teil sehr stark. Worauf achtest du bei einem Streamer für die Fischerei auf Barsch und was sind deine Favoriten?

Steffen Schulz: Ich persönlich verwende nur wenige Muster. Grau weiß, fluogrün weiß, dunkelgrün weiß mit Streifen. Damit fährt man überall nie verkehrt. 5 bis 8 cm und 10 bis 12 cm sind für alle Jahreszeiten und Gewässer ausreichend. Ich mag gern EP Fasern und eine schlanke Silhouette. Eben ein kleines, echtes Fischchen. Auch mit typischen Meerforellenstreamern habe ich schon böse abgeräumt. Man kann das alles auch noch ewig ausweiten und spezialisieren, was das Sinkverhalten und die Aktion betrifft. Aber eigentlich reicht das - und das nicht nur für den Anfang.

adh-fishing: Den Barsch findet man in vielen unterschiedlichen Gewässern. Du hast dich auf große Seen spezialisiert. Wie sieht deine Taktik hier aus?

Steffen Schulz: Oben habe ich ja bereits ein wenig über typische Spots gesprochen. An großen Seen gilt es, Strecke zu machen, sei es vom Ufer oder Bellyboot. Wenn Barsche am Platz sind und selbst wenn sie schlecht beißen, machen sie sich durch Nachlaufen oder Festhalten der Fasern IMMER bemerkbar, so meine Erfahrung. Einen Jig lassen sie auch mal liegen oder einen Wobbler. Einen Streamer quasi niemals.

adh-fishing: Welche anderen Gewässer empfehlen sich für Barsch und worauf sollte man bei der Auswahl der Gewässer achten?

Steffen Schulz: Ehrlich gesagt, so lange es nicht allzu starke Strömung gibt, sind Flüsse auch gut. Aber da habe ich wirklich selten gefischt bis jetzt. Seen mit Flussverbindung haben immer Barsche an verdächtigen Plätzen, auch im Sommer. Oft ziehen sie dann aber viel umher. Ich spreche hier von den Baggerseen in Holland. Die kalte Jahreszeit ist einfach dankbarer dort und man hat eben die Chance auf die richtig fetten Kirschen. An deutschen Naturseen oder eben an unseren Talsperren läuft es auch im Sommer hervorragend, gerade frequenztechnisch.

adh-fishing: Der Barsch ist über das Jahr gesehen nicht immer an den gleichen Spots anzutreffen. Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen der Fischerei im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter?

Steffen Schulz: Masse im Sommer und frühen Herbst, Klasse im Winter. Im Sommer machen Barsche unglaublich Strecke, fressen extrem viel, haben einen hohen Stoffwechsel und sind viel im Freiwasser unterwegs. Klar, wenn man Steganlagen oder überhängende Bäume mit tiefem Wasser hat, sind sie dort auch immer zu fangen. Aber im Herbst und Winter sind sie an bereits angesprochenen Strukturen deutlich intensiver anzutreffen, sie sind dann standorttreuer und besser zu befischen. Zudem teilen sich die kapitalen Barsche mit kleineren Artgenossen im Sommer und zeitigem Herbst die Plätze, die kleinen sind zuerst am Haken. Das kann nerven. Im Winter gehört das Flachwasser den Dicken und die Jüngeren sind auf 20m plus Zuhause, herrlich.

adh-fishing: Viele Fliegenfischer starten ihre Raubfischkarriere mit dem Hecht. Was rätst du, damit es auch mit dem Barsch erfolgreich läuft?

Steffen Schulz: Ganz einfach: Kauft euch eine 6er Rute, die genannten Schnüre, irgendeine Rolle und die angesprochenen Streamer oder bindet euch diese Muster. Ab ans Wasser und Spaß haben.

adh-fishing: Die erste Hürde für einen Barsch sind die 40cm. Ein solcher Fisch ist bereits sehr alt. Warum ist es so schwer einen großen Barsch zu fangen und welche Kniffe kennst du?

Steffen Schulz: Na ja, an den richtigen Gewässern zur richtigen Zeit ist es gar nicht mal so schwer. Talsperren, große Naturseen und die Baggerseen in Holland, überall wird man relativ schnell die 40 knacken können. Mit der Fliege fehlt immer noch vielen das Vertrauen. Ausharren und angeln. Man sollte gerade auch dann, wenn sehr viele kleinere Barsche beißen, größere Streamer fischen. Weniger fangen heißt eben auch, dass der Haken frei bleibt für den dicken Barsch, der durch das Rumgehacke der kleinen aufmerksam wird.

adh-fishing: Was war dein persönliches Highlight beim Barschfischen? Wie oft hast du die magische Marke von 50cm geknackt.

Steffen Schulz: Mein persönliches Highlight waren zwei Angeltage hintereinander mit 3 mal 50 plus am Tag und vielen 40+ Barschen. Ich gebe aber zu, dass ich lieber für einen Dickbarsch pro Tag angel als für mehrere kleinere. Beides macht Spaß aber alles jenseits der 50 ist nur magisch und genial auf die Fliegenrute. Die 50er Marke habe ich mittlerweile schon oft knacken dürfen, ich weiß es nicht so genau, um ehrlich zu sein. Aber ich habe bei 40 plus nach wie vor weiche Knie und feier auch einen 30er Barsch ab, der hart gebissen hat und sich ins Zeug legt. Nichts ist selbstverständlich und wenn man sich nicht mehr freut oder meint, Dickbarsche seien normal, dann kann man auch aufhören.

adh-fishing: In den letzten Jahren ist das Fischen auf exotische Arten immer populärer geworden. Dazu gehört auch der Peacock Bass, den man beispielsweise in Brasilien oder Kolumbien fangen kann. Diese artverwandten Barsche werden über 10kg schwer. Reizt dich eine Reise nach Südamerika einmal?

Steffen Schulz: Wenn ich durch einen glücklichen Zufall eingeladen werde, ja, dann sage ich nicht nein. Im Moment reizen mich Barsch, Hecht und Zander aber wie am ersten Tag, ich schlafe vor jeder Tour schlecht und brenne auf diese Fliegenangelei, da können die Exoten auch noch ein bisschen warten.

adh-fishing: Vielen Dank für das Gespräch, Steffen und weiterhin viel Erfolg mit den dicken Barschen!

 

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